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Über ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass Deutschland begann Arbeitskräfte aus der Türkei anzuwerben. Debatten um die Integration der EinwandererInnen und ihrer Nachkommen oder deren angebliche Verweigerung beherrschten und beherrschen noch die Medienberichte der letzten Jahre. Doch gibt es auch Wanderungsbewegungen in die entgegengesetzte Richtung: Mittlerweile ist die Einwanderungsstatistik rückläufig: 2012 verließen etwa 30.000 türkeistämmige Personen die Bundesrepublik. Und so rückte neuerdings gleichzeitig die Abwanderung besonders von hochqualifizierten Türkeistämmigen in den Fokus - wenn auch Rückwanderung kein neues Phänomen ist. Wir stellen fünf Menschen vor, die sich von Deutschland auf den Weg in die Türkei gemacht haben und fragen - Was motiviert sie in unterschiedlichen Lebensphasen zur Abwanderung? Wie sehen die Menschen nun ihr Leben in der Türkei im Vergleich zu ihrem vorherigen in Deutschland? Was erhoffen sie sich von einem Leben in der Türkei?
"Hadi Tschüss" ist ein Film über Menschen in denen oft zwei Herzen schlagen, über deutsche Tugenden, türkische Herzlichkeit und die Chance sich im kulturellen Fundus zweier Länder zu bedienen. Abseits der deutschen Integrationsdebatte erzählen Münevver, Ruhan, Emine, Derya und Necip in "Hadi Tschüss" von ihren ganz persönlichen Grenzgängen zwischen der Türkei und Deutschland.
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Münevver | hat 27 Jahre in München gelebt
Mit gerade einmal 20 Jahren wird die junge Grundschullehrerin Münevver vor eine folgenschwere Entscheidung gestellt. Ihren Schülern hat sie vom Kommunismus, von Marx und Engels berichtet und soll deswegen nun wegen "staatsfeindlicher Haltung" verhaftet werden. Einziger Ausweg: Das Land verlassen. So geht sie nach Deutschland, heiratet einen Bauingenieur und arbeitet schließlich viele Jahre als Familientherapeutin. Vor 15 Jahren dann die Wende: Sie kündigt und betreibt seither im kleinen Dorf ?irince in der Provinz Izmir eine Pension. Die Heimat habe Sie zurückgerufen.
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Ruhan | hat 27 Jahre in Ingolstadt gelebt
Noch als Kind, als "Laubsbube" wie er selbst sagt, ist Ruhan mit seiner Familie nach Ingolstadt gezogen. Seine bayrische Heimat in der er zuerst als Maschinenschlosser und später als Versicherungsvertreter Karriere machte. Familie, Neugierde und ein lukratives Jobangebot ziehen ihn Anfang der 1990er Jahre zurück in die Heimat seiner Eltern. Mit dem "Backland" erfüllt er sich einen Traum, verkauft Schwarzbrot, Kirschtorte, Linzer Plätzchen und ein bisschen deutsches Lebensgefühl in Izmir. Und doch denkt er mit Wehmut an seine erste, seine deutsche Heimat zurück, die er sich vielleicht ein Stück weit in seinem Geschäft im Gedächtnis zu bewahren versucht.
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Emine | hat 40 Jahre in Baden-Baden gelebt
In Jugoslawien aufgewachsen siedelt Emine gemeinsam mit ihrer Familie in die Türkei über um wenige Jahre später erneut Neuland zu betreten. In Deutschland arbeitet sie in einer Großküche in Baden-Baden, gründet schnell selbst eine Familie und baut sich einen bescheidenen Wohlstand auf. So wohl sie sich in Deutschland auch fühlt, mit dem Eintritt in das Rentenalter verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt nach vierzig Jahren Bundesrepublik erneut in die Türkei, ein Entschluss der schon lange gefasst war, sagt sie.
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Derya | hat 33 Jahre in Berlin gelebt
In Berlin aufgewachsen und studiert kennt die 32jährige Derya die Türkei nur aus dem Urlaub. Als Teil der zweiten Generation der ehemaligen Gastarbeiter stellt sie sich die Frage: Wie ist es wohl im Heimatland der Eltern zu leben? Im Besitz beider Pässe hat Derya den Luxus sich aussuchen zu können wo sie leben möchte. Seit vier Wochen in Izmir möchte die diplomierte Betriebswirtschaftlerin "Auswandern auf Probe" und dabei ihre Chancen auf dem türkischen Arbeitsmarkt testen. Eine endgültige Abkehr von Deutschland ist dieser Schritt für sie jedoch keinesfalls.
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Necip | hat 13 Jahre in Düsseldorf gelebt
Der kleine Ferienort Güzelçaml? ist seit gut 30 Jahren Heimat von Necip Ecer und seinen Eltern. Seine deutsche Mutter und sein türkischer Vater beschlossen das Ruhrgebiet zu verlassen, um in der fernen Türkei einen Neustart zu versuchen. Necip betreibt heute eine kleine Pension die, einem Bauernhof nicht unähnlich umrankt von Gemüse, Obst und Kräutern, internationalen Rucksacktouristen eine Unterkunft bietet. Als eloquenter Naturliebhaber ist er Anlaufstelle für deutsche Ruheständler der Umgebung. Zurück nach Deutschland hat es ihn bisher dennoch nicht gezogen.
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